IV
(Boy. ein Junge liegt am Strand, als stürbe er vor Hitze)
Nun, wein‘ doch nicht, mein liebes Kind
Was machst du hier am Zaun
Kannst flach nicht vor der Sonne liegen
Spurt‘ dich und geh‘ zum Offizier
Oh, nein, mein Herr, du siehst’s
Es ist ein arges Zucken und ein Zittern mir
Im Rücken und den Beinen
Vom Meer geschlagen und der Sonne
Lag ich im Boot als Vater, Mutter mir genommen
Du siehst’s es fehlt mir Kraft und Wille
Mich deiner Gnade anzutrauen
Es ist nicht Gnade, Boy
Du kannst nicht hier mit flachem Körper auf der Erde weilen
Du musste hier raus
Wie kann ich, Herr, hier raus
Wenn überall doch Zäune sind
Komm mit, der Offizier schreibt alles auf
Und Stärkung bringt die Suppe dir
Und grünes Öl darin der Brotbrei schwimmt
Und schlürftest Du die rote Soße getränkt vom Pomodoro
Und goldnem Rosmarin
Hier liegt die neue Kraft
Der ewigen Natur
Oh Herr, verlockend Deine Rede
Ihr seid die Meister des Produkts der Ware
Und brachtet uns die Thunfischdose
Mit mehr Öl als Fisch, und Wasser mehr als Öl
Aber wo dann blieb der Fisch
Schweig‘! Du Pfennig-Fuchser
Schweig‘ bevor Du nicht die wirklich schöne Dose schon geöffnet hast
Mit rotem Fisch und frischem Öl auf der grünen Olive
Gekostet hast das Glück
Bei uns gehegt, wenn auch von Euch gepflückt.
Ich muss es sagen, Herr.
Allein der Offizier ist’s, der mich schlug
Weil er die Sprache, die ich spreche
Nicht versteht
Doch ein Versuch der Übersetzung ist es Wert
So lass uns gehn, zusammen woll’n wir reden
Und verstehend wird’s geregelt
Da ist nicht’s zu verstehn, Herr. Mir ist das Kreuz gebrochen
Junge, mein Kind, du kannst nichts fordern
Als die Rechte der Natur
Und auch der Offizier wird’s wissen
V
(Ein großer starker Afrikaner kommt mit gehobenem Haupt vom Strand herauf:)
Du, Seele rein, Dein Angesicht
Warum so rein und klar
Die Feilchenblüten siehst du nicht
Doch bist du wunderbar
Es ist wahr, da kommt der Braune
Als hätte ihn die Sonne nie gesehn
Was Wunder, dass mein Blick, so gänzlich sich verfängt
In seiner Stirnen Glätte
Heh, Du, wie soll ich’s wagen
Im Urgrund Deiner Seele Dich zu fangen
Du Halbgott, allgeliebter, Du
Vom runden Glanz der kupfern Schulter fast erschlagen
Frag ich Dich, von dessen Stärke alle sprechen,
Warst Du’s, der sie gerettet
Als Heros, Du, von Gottes Gnaden
Herr, nichts!
Ich hab‘ nur vorne ganz gesessen, am Kiel
Als uns die große Welle schlug und überrollte
Mich wegzuschwemmen drohte
Und ich mich an zwei Seilen haltend hochhob
Als wärs ein Keil, den Körper mir zu spalten
Schlug mir die Woge in die Brust
Doch ich hielt stand
Nichts Heroisches, Herr, nein
So drückte ich den Kiel, die Spitze des Schlauchs ins Wasser
Und ließ das Gedonner vom überm Meer
Als wär‘s nur ein Gespenst getrieb’ner Schatten
Springend über mich ergehen
Da war ich stark und ohn‘ gefährliche Ausfälle
Ich hielt die Muskeln in Balance
Wie ein Prinzip der heil‘gen Sklaverei
Überwand ich die Gefahr
Und wieder, immer wieder sang ich vom Gesange meines Volkes Stücke
Es summte in alles hinein, der alles übertöntende Tenor
So ging ich ans Werk
Bis Gott uns und dem Meer die Ruhe wieder brachte
Und wir uns in die Arme fielen
Da war doch nichts Mondänes
Nur Menschen wir, die überlebten
Und kein Bombast war in dem tiefen Lied aus Afrika.
Wie aber, sag an, kamst du aus Afrika in dieses Boot?
Aus Afrika? Ich nahm den Pilgerstab, was ist schon Glück,
Im Chaos lässt sich’s besser leben
Drängte mich in Schafsherden
Schwankte auf langen Kamelrücken den Nil entlang
Drückte mich im Schilf und flachem Wasser
Verbarg mich im Kahn und fand doch Gnade bei einem Fischer
Eingewickelt in ein abgetackeltes graues Segel der Felluke
Stahl ich mich in die Millionen-Stadt
Bedrängt und sich bedrängend sah ich sie hier leben
Da war Nichts freundlich Leben, muss man sagen,
Wenn’s auch kaum möglich ist
Und wenn sie jeden Neuankömmling auch berauben
Herr, da hofft‘ ich auf ein Heim, wo meine Tochter wohnte
Doch Freude war es nicht, sie hatten nichts zu teilen.
So zog ich davon nach Westen weiter,
Vor heißen Winden her und kaum erkennbar
In flachen Spiegeln nur das Meer
Zwischen in weißem Kalk verbauten Stränden
Ein ferner Schimmer
Das vom Krieg geplagte Libyen,
Da kam ich hin
Und landete in diesem Boot
Hier fand ich sie, die schönste Frau,
Und hätt‘ ich je gewagt, sie zu berühren
Die weiße Haut im schwarzen Haar
Sie war es, die mich nahm,
An Hand und Schulter führte sie mich
Über die Gischt zum Schlauchboot
Und ohne je zu kränkeln im glitschigen Wasser half sie mir
Die schwankende Masse auf nassen Kissen zubändigen
Und Ruhe zu finden in rauer See
So saßen wir zu zweit bewegt
Und hielten uns im Blick mit weißem Glanz
Und merkten, wenn man uns erblickt
Im Staunen über all den Massen
Und willst du nicht jetzt, Götterfreund, Du
Hier heraus aus dieser Wildnis, wie kannst Du’s wagen. sag an, vollbringen?
Ich werd‘ mich meinem Leben beugen
Die zart und weiße ungebührlich schützend‘ Frau
Auf meinen Händen tragen
Und Ordnungen befolgen, wie‘s gehörig ist und auferlegt
Es ist die Frau, die fühlt,
Was Euch in diesem Land bewegt
Nein, keine Maskerade wolln wir spielen, der Konvention
Nur, die Redlichkeit zu pflegen, lasst sie mir,
Urphänomene von Gehalt aus meinem Afrika
Wer, ich muss es sagen, wer, wenn nicht der mit dem In-die-Ferne-Sehnen,
Wäre je hängen geblieben hier auf diesen Schläuchen
Und jetzt erschienen an der Traumwelle dieses Vukans,
Wer, wenn nicht der mit der ungeübten Hand, hätte je versucht,
Mit dicken Pinseln das Bildnis Leonardos nachzuzeichen.
Und gibt es nicht die Schönheit unter dem wabblenden Wasser
Und seid nicht ihr es, die sie uns senden anstatt ein täglich Brot
Eure Meisterstücke der profanen Erleuchtung
Wer, wenn nicht der, dem möglich ist, der Blick
Hinauszustrahlen in die große Welt,
Hätte ich je den Mut gefasst, an Eure Berge zu rühren
Und von den Gefahren geträumt in kalten grünen Wäldern,
Wenn nicht aus Finsternis und Gleichmut,
Und im Willen des Unwissenden
Und im Glauben, man müsse uns doch eine Furche im Strome lassen,
Einen Pfad am Weg, eine Erweiterung des Aug‘s eröffnen,
Uns Krumen unter den Tisch kehren,
Werdet Ihr nicht anerkennen uns, die Frau, den Mann,
Von überm Meer herkommend im kupfernen Anblick?
Doch was angelegendlich unserer Nachkommen geschieht,
Ich wag‘s nicht zu bedenken.
Mein Held, mein Freud, was kann ich für Euch tun
Soviel Bescheidenheit tut gut, doch sag,
Wo wollt ihr hin?
Wenns’s irgend geht, so bleib ich hier, an diesem Ort
Mit diesem Weib, so schön wir beide sind,
Es wird doch eine Ecke geben,
Wo wir uns richten, eine kleine Höhle
Und sei’s im blauen Wasser
Wo Schatten nur im Dunkeln flimmern